Der diskrete Charme der Studentenbude

Von Henry Doll

Krautheim - Sie nennen es "hochkommen". Wer in Neunstetten "hochkommt", der hat meist ein festes Ziel: Ein kleines Zimmer unweit des schmucken Schlösschens. Dort treffen sich in loser Folge, ganz ohne Vereinslogo und einfach nur so, die Jugendlichen des Krautheimer Teilortes. Und weil der Raum tatsächlich oberhalb des Dorfes liegt, nennen sie es "hochkommen".

Marco Hemmrich (17) und Florian Dederer (16) gehen voran. Sie gehören mit Marcos Bruder Marcel und Timo Müller zum Organisationsteam des Neunstettener Jugendraumes. Ein Schild am Seiteneingang weist den Weg. Eine weitere Aufschrift verweist darauf, dass hier die Feuerwehr residiert. Das ist nicht mehr ganz aktuell, erklären Marco Hemmrich und Florian Dederer. Tatsächlich gehörte der Raum, der jetzt von den Jugendlichen genutzt wird, einstmals der Feuerwehr. Die aber hat das etwa 25 Quadratmeter große Zimmer schon vor Jahren den jungen Neunstettenern überlassen. Und das, obwohl weder Marco Hemmrich noch Florian Dederer Mitglieder der Jugendfeuerwehr sind.

Generationenwechsel

Innen empfängt den Besucher der Charme eines Studentenclubs. Ein etwas in die Jahre gekommenes Sofa steht über Eck, eine kleine Theke, ein Ofen und von der Wand der Stirnseite grüßt Rasta-Legende Bob Marley von einem Transparent.

Vor etwa einem Jahr vollzog sich in der Führungsmannschaft des Jugendraumes eine Art Generationswechsel. Timo Müller ist mit seinen 22 Jahren jetzt einer der Ältesten.

Unterstützt wird das Jugendraum-Team auch von der Stadt. Schließlich muss jemand die Stromkosten bezahlen. Und Strom braucht es schon, zum Beispiel, um Musik zu hören. Wer denkt, dass vorzugsweise Bob Marley gehört wird, liegt freilich falsch. Auch wenn dem König des Reggae auf einem Transparent gehuldigt wird, gehört wird alles, was gerade in den Charts ist. Bei den lose veranstalteten Feten kommen schon mal so um die 25 Personen, erzählen die Organisatoren. Mehr passen auch gar nicht in den Raum. Ansonsten gilt: "Es bringt jeder was mit oder er zahlt was", wie es Marco Hemmrich beschreibt. Konzerte sind in der kleinen Stube freilich nicht möglich. "Hier wird nie eine Band spielen können", bedauert Florian Dederer. Doch er fügt hinzu: "Wir finden es so eigentlich ganz in Ordnung." Man sehe sich nicht als kleines Kokolores, zieht er den Verglich mit dem Künzelsauer Jugendkulturverein.

Fußball

Allerdings ist das Jugendraum-Team keine Ansammlung von Stubenhockern. "Fußball ist schon das Hauptding", berichtet Florian Dederer über die Hintergründe, warum man sich trifft. Als Freizeitmannschaft beteiligt sich das Jugendraum-Team unter dem Namen 9-Stetten an Gerümpelturnieren. Ausflüge in Stadien, etwa zu den Profis von Hoffenheim, gehören ebenfalls zum Programm. Tradition hat zudem die jährliche Skiausfahrt. Zum Jugendraum gehört eine Internet-Homepage, die Manuel und Timo Müller pflegen. "PC-technisch sind sie halt Asse", loben Hemmrich und Dederer die Webmaster.

Auch für gemeinnützige Zwecke engagiert sich das 9-Stetten-Team gelegentlich. So wurde schon mal für die Kriegsgräberfürsorge und für die Feuerwehr Geld gesammelt.

Zwar versteht sich der Jugendraum als Angebot aus Neunstetten für Neunstetten. Aber auch Auswärtige finden immer wieder den Weg. Wobei als "Auswärtige" schon Besucher aus Krautheim oder dem benachbarten Oberndorf gelten.

Quelle:
Heilbronner Zeitung - Hohenloher Stimme
03. November 2009
www.stimme.de

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